Articles | Volume 55, issue 1
https://doi.org/10.3285/eg.55.1.05
https://doi.org/10.3285/eg.55.1.05
01 Jan 2005
 | 01 Jan 2005

Belegt der Fund einer »Schieferkohle« die spätglaziale Vergletscherung der Immenstädter Nagelfluhberge?

Ralf Irmler and Herbert Scholz

Abstract. Im Rahmen einer Diplomkartierung wurde im Gebiet der Immenstädter Nagelfluhberge (Faltenmolasse) am Sedererbach, einem südlichen Nebenbach der Weißach, auf ca. 1150 m Höhe zwischen Sedererstuiben und Buralpkopf, ein bislang unbekanntes Vorkommen einer quartären „Schieferkohle" entdeckt. Es handelt sich um mehrere geringmächtige Einschaltungen aus organischem Material in sehr dicht gelagerte Schluffe und Sande, die von 2 bis max. 4 m mächtigen sterilen Kiesen überlagert werden. Innerhalb des gleichfalls sehr festen, torfartigen Materials ließen sich kaum Hölzer, dafür aber vor allem Reste von Sphagnaceen (Torfmoosen) und Diatomeen nachweisen. Aufgrund der Morphologie und der Geländebefunde ist es unwahrscheinlich, dass die augenscheinliche Überkonsolidierung des Materials auf eine ehemals mächtigere Überdeckung durch inzwischen abgetragene Sedimente oder Rutschmassen zurückzuführen ist. Angesichts der Position der Fundstelle direkt unterhalb eines großen Kares auf der Nordseite der über 1800 m hohen Rindalphorn-Hochgrat-Kette ist sie wohl eher mit einer Überfahrung durch einen Lokalgletscher erklärbar. Im Rahmen eines Kompressionsversuches mit behinderter Seitenausdehnung, der an diesem Material durchgeführt wurde, ließ sich durch Bestimmung des Casagrande-Knickes eine mögliche, ehemalige Eisüberlagerung von gut 20 m abschätzen.

Drei 14C -Datierungen ergaben mit 11930 ± 80, 11950 ± 60 und 11620 ± 80 Jahren BP überraschend junge Sedimentationsalter der Proben, die damit offenbar aus dem älteren Teil des Alleröd-Interstadials stammen. Als Zeitpunkt für eine mögliche Eisüberfahrung bleibt demnach nur die Jüngere Dryaszeit übrig (Egesen-Stadium), für die an dieser Stelle eine überraschend kräftige Depression der „Schneegrenze" von mindestens 450 m gegenüber einer heutigen hypothetischen „Schneegrenze" angenommen werden muss. Es ist wohl davon auszugehen, dass die großen Kare im Gebiet der Immenstädter Nagelfluhkette das letzte Mal kurz vor Beginn des Holozäns vergletschert waren.